Mein schönstes Erlebnis? |
Geschichten I Mathias Geisenfelder |
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Mein schönstes Erlebnis?“, wiederholte Shahanaz Begum meine Frage. „Meine Tochter Ashamoni geht zur Schule. Darüber bin ich überglücklich.“ Sie nahm ihre Tochter in die Arme und beide
lachten.
Wir sitzen in der kleinen Wellblechhütte, in der Ashamoni mit ihren Eltern wohnt. Projektleiter Jacob Baroi und ich sind gerade den 20-minütigen Schulweg gegangen, den Ashamoni jeden Morgen zurücklegt. Wir mussten über Mauern klettern, über wacklige „Bambusbrücken“ gehen und auf Mauervorsprüngen balancieren.
Ich frage mich immer noch, wie Ashamoni in der Regenzeit zur Schule gehen kann. „Da stehe ich manchmal bis zu den Knien im Wasser, aber ich schaffe es jedes Mal zur Schule zu kommen!“, erzählte sie mir.
Dort wartet dann ihre beste Freundin Shagorika auf sie, mit der sie in die 3. Klasse geht. Am meisten Spaß macht ihnen, wenn sie Lieder singen. Denn beide sind ausgezeichnete Sängerinnen. „Ich liebe unsere Lehrerin Halima über alles, weil sie immer gut gelaunt ist und stets für uns da ist“, sprudelt es aus ihr heraus.
Und ihre Mutter ergänzt: „Ashamoni konnte mir bereits nach kurzer Zeit etwas vorlesen. Das macht mich sehr stolz. Ich selber hatte früher nicht die Möglichkeit in die Schule zu gehen. Darum beneide ich sie. Ashamoni soll solange es geht zur Schule gehen. Ich werde mein bestmögliches dazu beitragen, dass sie ihre Träume verwirklichen kann.“
Auch Ashamoni trägt ihren Teil bei und hilft ihrer Mutter bei der Hausarbeit. Den beschwerlichen Weg zur nächsten Wasserstelle legt sie täglich zurück und bringt eine Kanne Wasser nach Hause. Wenn ihre Mutter keine Zeit hat, dann kocht die Neunjährige für ihre Familie und macht die Hütte sauber.
„Wir helfen alle zusammen, damit Ashamoni zur Schule gehen kann. Denn das macht uns stolz!“, meinte ihre Mutter Shahanaz Begum. Mit diesen Worten verabschiedete sie sich von uns und eilte zu ihrer Arbeit in der nahegelegenen Textilfirma, die für Lidl produziert. Sie hatte ihre kurze Mittagspause für dieses Gespräch mit uns geopfert und uns sogar Limonade und Kekse aufgetischt. Das ist für sie eigentlich unbezahlbar.
Schwer beeindruckt von dieser Gastfreundschaft legte ich den beschwerlichen Weg zur Schule zurück und es erfüllte mich mit großer Freude, wie die Kinder von unserer Arbeit profitieren. Das war mein schönstes Erlebnis an diesem Tag.