Bildung? Die Chance für meine Kinder! |
Geschichten I Mathias Geisenfelder |
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„Kommen Sie, Mr. Mathias! Trinken Sie einen Tee mit mir. Ich lade Sie ein“, rief Gulshar Hossim mir von der anderen Straßenseite zu. Er rückte die Metallbänke vor seinem Laden zurecht und zündete das Brennholz an. Schwarzer Ruß stieg auf und der Wasserbehälter erhitzte sich. „Kennen Sie meinen Sohn Nayme Hossim? Er geht in Ihre Schule“, fragte er mich, als er die kleinen Teegläser mit heißen Wasser ausspülte.
Als ich kurz überlegte, kam sein Sohn bereits auf uns zu. In Schuluniform und den Schulranzen auf den Rücken ging er gerade zur Schule. „Er geht in die 7. Klasse und wird nächstes Jahr seinen zweiten Abschluss machen. Er ist der Erste in unserer Familie, der einen Schulabschluss hat. Das macht mich sehr stolz“, erklärte mir Gulshar Hossim. Er gab seinem Sohn noch eine Süßigkeit in die Hand. Nayme Hossim verabschiedete sich und rannte zur Schule. Er war schon spät dran.
„Ich würde gerne mehr für meine Kinder machen, aber ich habe nur einen kleinen Laden. Deshalb verdiene ich auch nur sehr wenig“, erzählte Gulshar Hossim etwas traurig, als er mir die Tasse mit kochend heißen Tee reichte. „Ich würde gerne mehr verkaufen, aber dafür fehlt mir ein Kühlschrank und das Geld für die Anschaffung der zusätzlichen Waren. Meine Kinder sollen ein besseres Leben haben. Sie sollen in die Schule gehen und später eine bessere Arbeit haben. Aber wir können uns nicht einmal die Schulgebühren leisten“.
„Ich habe mir immer sehr viele Sorgen um meine Familie gemacht. Das hat mich nachts nicht schlafen lassen. Wie kann ich ihnen ein besseres Leben ermöglichen? Ich bin doch nur ein kleiner Mann. Ich würde gerne härter arbeiten und mehr Geld verdienen, aber dafür habe ich nicht genug Kraft. Als ich fünf Jahre alt war, erkrankte ich an Typhus. Weil das nicht behandelt wurde, habe ich heute immer noch starke Beeinträchtigungen. Mein Körper ist sehr schwach und bei dieser Hitze bin ich froh, wenn ich den Tag einigermaßen überstehe.“
„Aber seitdem mein Sohn zur Schule geht, schlafe ich besser. Ich mache mir weniger Sorgen und bin zuversichtlich, dass er auch seinen zweiten Abschluss schaffen wird. Hoffentlich können auch mein Sohn Tayme und meine Tochter Khadiza später eine Schule besuchen. Denn Bildung ist die Chance für meine Kinder. Ich selbst arbeite schon von klein auf in einem Laden. Als Kind habe ich meinem Vater geholfen und jetzt betreibe ich selbst einen. Eine Schule habe ich nie besucht. Ich kann weder lesen noch schreiben und meine Mathematikkenntnisse reichen gerade mal aus, um den Kunden den richtigen Betrag zu berechnen. Meine Kinder sollen es mal besser haben und jetzt haben sie die Chance dazu.“
Er sammelte mein leeres Glas ein und reichte mir noch einen Keks. „Wissen Sie, Mr. Mathias. Ich fühle mich auserwählt!“ Ich sah ihn etwas verblüfft an und fragte ihn, was genau er damit meinte. „Als Jacob Baroi vor sieben Jahren meinen Sohn auswählte und es ihm ermöglichte zur Schule zu gehen, da hat sich auch mein Leben verändert. Ich sah einen Ausweg aus meiner misslichen Lage und schöpfte neue Hoffnung für meine Kinder. Jacob kommt öfter bei mir vorbei, um über meine Kinder zu sprechen. Ich schätze seine Arbeit sehr und ich spüre am eigenen Leibe, wie gut seine Arbeit unseren Kinder tut. Nicht nur meinen eigenen, sondern allen Kinder hier in unserem Viertel. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.“
Dieses Gespräch mit Gulshar Hossim dauerte zwar nur eine Tasse Tee, aber mich prägt es immer noch. Seine Gastfreundschaft und seine Begeisterung für unser Projekt sind mir in Erinnerung geblieben. Es macht mich immer sehr stolz, wenn ich daran denke, was unsere Unterstützer diesen Familien ermöglichen. Sie verändern das Leben dieser Menschen. Aber dies ist erst der Anfang. Lassen Sie uns gemeinsam noch weiteren Kindern ein besseres Leben ermöglichen.